Welche Steuerklasse ist die richtige?

Welche Steuerklasse ist die richtige?

Er ist Hauptverdiener, sie versorgt die Kinder und arbeitet halbtags. Als Verheiratete haben sie die Steuerklassenkombination III/V gewählt. Ein Klassiker in Deutschland – aber auch sinnvoll?

Verheiratet/Verpartnert: Wie finde ich die richtige Steuerklasse?

Ehegatten oder Lebenspartner haben – im Gegensatz zu Singles – Einfluss auf die Wahl ihrer Steuerklasse. Zur Auswahl stehen die Kombinationen IV/IV, III/V oder IV/IV mit Faktor. Mit der Hochzeit bzw. der Verpartnerung erhalten beide Partner zunächst automatisch die Steuerklassenkombination IV/IV zugeteilt.

Wenn minderjährige Kinder zu versorgen sind, ändert sich jedoch die Erwerbstätigkeit von Frauen dramatisch: Eine Publikation des statistischen Bundesamtes von 2018 ergab, dass im Westen zwar rund 63% der verheirateten Mütter mit minderjährigen Kindern berufstätig sind – davon jedoch rund 70 % in Teilzeit, während die Väter überwiegend weiterhin in Vollzeit arbeiten. Die führt dazu, dass Mütter häufig ein deutlich niedrigeres Einkommen haben als die Väter.

Spätestens an diesem Punkt wechseln viele Paare in die Steuerklassenkombination III/V: Der Besserverdienende (in der Regel der Mann) erhält die Steuerklasse III und hat damit eine niedrigere Steuerlast zu tragen (weil z.B. beide Grundfreibeträge nur dem in Steuerklasse III besteuerten Partner zugutekommen), dafür hat derjenige (in der Regel die Frau) mit Klasse V verhältnismäßig hohe Abzüge und damit ein niedrigeres Nettoeinkommen, als ihr eigentlich zustehen würde.

Dies kann zwar unter Umständen zu einem höheren monatlichen Netto-Einkommen des Paares führen, nicht jedoch zu einer echten Steuerersparnis! Viele vergessen, dass die einbehaltene Lohnsteuer im Regelfall nur „Vorauszahlungen“ auf die endgültige Jahressteuerschuld darstellen. Abgerechnet wird mit der Steuererklärung am Jahresende.

Dabei wird, vereinfacht gesagt, der Gesamtbruttojahresarbeitslohn der (Ehe)Partner nach Abzug von Freibeträgen addiert. Daraus ergibt sich der Gesamtbetrag der Einkünfte, der, weiter vermindert um Sonderausgaben und Freibeträge für Kinder, zum zu versteuernden Einkommen führt. Dieses wird dann durch zwei geteilt und daraus wird die Einkommensteuer ermittelt.

Neben der Tatsache, dass die Steuerklassenkombination III/V aufs Jahr betrachtet keinen finanziellen Vorteil bietet, ist sie mit einem entscheidenden Nachteil verbunden:

Sozialleistungen, wie Arbeitslosengeld 1, Kurzarbeitergeld, Unterhaltsgeld, Krankengeld,

Übergangsgeld, Elterngeld und Mutterschaftsgeld oder die Höhe des Lohnanspruchs bei der Altersteilzeit orientieren sich am Nettolohn, d.h. eine ungünstige Steuerklasse, die zu einem niedrigen Nettolohn führt, bedingt ein niedrigeres Eltern- und Mutterschaftsgeld oder -ganz aktuell- ein niedrigeres Kurzarbeitergeld!

Wichtig: Bei den Lohnersatzleistungen zahlt sich das höhere Netto aufgrund eines Steuerklassenwechsels tatsächlich in höheren Leistungen aus. (Quelle: Finanztip)

Was ist die Alternative zur Steuerklassenkombination III/V?

Da ist zunächst die Kombination Steuerklasse IV/IV, die sich vor allem dann empfiehlt, wenn beide Partner ungefähr gleich viel verdienen Die Abzüge entsprechen denjenigen in der Steuerklasse I. Bei größeren Verdienstunterschieden werden die aufgrund des Ehegattensplittings zu viel gezahlten Steuern am Jahresende über den Lohnsteuerjahresausgleich zurückgezahlt.

Wer sich aus den oben dargelegten Gründen gegen die Steuerklassenkombination III/V entscheidet, dem Finanzamt aber auch kein zinsloses Darlehen (unterjährig zu viel gezahlte Steuern) gewähren möchte, kann die Kombination IV/IV mit Faktor wählen.

Bei der Wahl der Steuerklasse IV in Verbindung mit einem Faktor wird die einzubehaltende Lohnsteuer in Anlehnung an das Splittingverfahren ermittelt. Mit dem Faktorverfahren wird der Lohnsteuerabzug der voraussichtlichen Jahressteuerschuld sehr genau angenähert.  Damit werden höhere Nachzahlungen (und ggf. auch Einkommensteuer-Vorauszahlungen) vermieden, die bei der Steuerklassenkombination III/V auftreten können.

Zur Veranschaulichung nachfolgendes Beispiel, dass dem Merkblatt zur Steuerklassenwahl für das Jahr 2021 bei Ehegatten oder Lebenspartnern, die beide Arbeitnehmer sind, des Bundesministeriums der Finanzen vom 09.11.2020 entnommen ist.

Beispielrechnung:

Ein Arbeitnehmer-Ehepaar, beide in allen Zweigen sozialversichert, bezieht Monatslöhne (nach Abzug etwaiger Freibeträge) von 3.000 € und 1.700 €. Die jährliche Einkommenssteuer im Splittingverfahren beträgt unter der Voraussetzung, dass keine anderen Sachverhalte zu berücksichtigen sind, 5.788 €.

Jährliche Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination III/V

Arbeitnehmer-Ehegatte A: für 36.000 € = 1.746 €
Arbeitnehmer-Ehegatte B: für 20.400 € = 3.518 €
Summe der Lohnsteuer bei Kombination der Steuerklassen III/V = 5.264 €

Dies führt zu einer Nachzahlung in Höhe von 524 € (5.788 € – 5.264 €).

Jährliche Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination IV/IV

Arbeitnehmer-Ehegatte A: für 36.000 € = 4.744 €
Arbeitnehmer-Ehegatte B: für 20.400 € = 1.221 €
Summe der Lohnsteuer bei Kombination der Steuerklassen IV/IV = 5.965 €

Dies führt zu einer Erstattung in Höhe von 177 € (5.965 € – 5.788 €).

Jährliche Lohnsteuer bei Steuerklasse IV/IV mit Faktor 0,970*:

Arbeitnehmer-Ehegatte A für 36.000 € (4.744 € x 0,970) = 4.601 €
Arbeitnehmer-Ehegatte B für 20.400 € (1.221 € x 0,970) = 1.184 €
Summe der Lohnsteuer bei Kombination der Steuerklassen IV/IV mit Faktor= 5.785 €

Dies führt weder zu einer hohen Nachzahlung noch zu einer Erstattung.

* Summe der Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination IV/IV (entspricht „X“) beträgt 5.965 €. Die voraussichtliche Einkommensteuer im Splittingverfahren (entspricht „Y“) beträgt 5.788 €. Der Faktor ist Y geteilt durch X, also 5.788 €: 5.965 € = 0,970

Man sieht am obigen Beispiel

  1. Die jährliche Steuerlast ist bei allen drei möglichen Kombinationen identisch

aber

  1. Das monatliche Netto-Einkommen des weniger verdienenden Ehepartners (in der Regel die Ehefrau) erhöht sich von 1.407 € bei der Kombination von III/V auf 1.601 € bei der Kombination IV/IV mit Faktor.

Das Faktorverfahren sorgt somit dafür, dass die Lohnsteuerlasten innerhalb einer Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft gerechter verteilt sind. Und sie sichert dem schlechter verdienenden Partner, im Fall, dass er plötzlich auf Sozialleistungen angewiesen ist wie aktuell auf Kurzarbeitergeld, einen höheren Lohnersatz.

  1. Die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor führt nahezu punktgenau zum tatsächlich zu

zahlenden Steuerbetrag, ohne dass man unterjährig zu viele Steuern zahlt oder am Ende des Jahres von einer hohen Nachzahlung überrascht wird.

Unser Fazit lautet: Die Kombination der Steuerklassen III/V lohnt sich eigentlich nur, wenn einer der (Ehe)Partner in absehbarer Zeit eine Lohnersatzleistung für sich in Anspruch nehmen wird. Hier würde sich der Wechsel des/der Betroffenen in die Steuerklasse III lohnen, da die Höhe der Lohnersatzleistung von der Höhe des Nettolohnes abhängt.

Erwartet ihr z.B. ein Kind, sollte der Elternteil, der das Kind nach der Geburt überwiegend betreut und weniger arbeiten wird, frühzeitig die Steuerklasse III wählen und so das Nettoeinkommen erhöhen. Werdende, verheiratete Mütter oder Väter können so mehr Elterngeld bekommen. Der Antrag auf den Steuerklassenwechsel muss allerdings bis sieben Monate vor Beginn des Mutterschutzes beantragt werden. Für die Praxis bedeutet das, dass die Eltern sofort handeln müssen, sobald die Schwangerschaft feststeht (Quelle: Finanztip Stand: 04/03/2020).

Wenn ihr die Variante III/V oder IV mit Faktor wählt, seid ihr zur Abgabe einer Einkommensteuer-erklärung verpflichtet. In den allermeisten Fällen lohnt es sich ohnehin, eine Steuererklärung abzugeben.

Wenn ihr mit eurer Steuerklassenkombination unzufrieden seid, könnt ihr diese beim Finanzamt mit einem Antrag auf Steuerklassenwechsel ändern. Seit 2018 kann ein Ehegatte mit der Steuerklasse III oder V ohne Zustimmung seines Partners einen Wechsel der Steuerklasse beantragen. Beide werden dann die Klasse IV eingestuft.

Wenn Euch das obige Beispiel überzeugt hat und ihr die Kombination IV/IV mit Faktor bevorzugt, kann hierfür ebenfalls der Vordruck „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/ Lebenspartnern“ verwendet werden. Das Formular findest du online im Formular-Management der Finanzverwaltung. Der vom Finanzamt gebildete Faktor gilt dann für zwei Kalenderjahre. Die Anträge zur Anwendung des Faktorenverfahrens sind von beiden Partnern zu unterschreiben.

Bereits im Folgemonat muss der Arbeitgeber bei der Gehaltsabrechnung die neue Steuerklasse berücksichtigen

Ein Steuerklassenwechsel oder die Anwendung des Faktorenverfahrens für das Kalenderjahr 2021 kann bis spätestens 30.11.2021 bei eurem Finanzamt beantragt werden. Im Übrigen ist im laufenden Kalenderjahr ein Steuerklassenwechsel auch mehrfach möglich.

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